Das Internierungslager, in dem die muslimische Bevölkerung aus der Region festgehalten wurde, existierte von April bis Juni 1992. Es wurde von der bosnisch-serbischen Armee kontrolliert. Laut Zeugenaussage von E. D. flüchtete sie, als der Krieg im Mai 1992 begann, zusammen mit ihrer Tochter, ihrer Zwillingsschwester, ihrer Schwiegermutter und deren Schwiegermutter aus dem Haus der Familie ihres Mannes.
Sie versteckten sich im Keller eines Hauses, wurden aber von serbischen Soldaten gefunden und nach Karakaj in die Stickereifabrik „Vezionica“ gebracht. Dort blieben sie 10 Tage. In diesen 10 Tagen wurde sie mehr als dreimal von Unbekannten vergewaltigt. Neben der Vergewaltigung wurde sie Zeugin von Folter und Misshandlung anderer Frauen und Männer. Sie und ihre Schwester wurden gezwungen, zerstückelte Körperteile der Menschen
zu entsorgen, die dort getötet worden waren.
Nach 10 Tage in Vezionica setzten serbische Soldaten sie in Vidikovac an einem Feld ab (einer Demarkationslinie zwischen den Kriegsfronten). Von dort aus gingen sie nach Tuzla weiter. Hier blieben sie kurze Zeit im Kollektivzentrum Mejdan (Tuzla Sportzentrum). Danach ging E.D. nach Kroatien, traf ihren Mann in Zagreb wieder, wo er als Bauarbeiter arbeitete. Sie lebte mit ihm und ihrer Tochter in einer Hütte, die ihr Mann jahrelang als Feldarbeiter benutzte. Nach einem Jahr entschieden sie sich, Kroatien zu verlassen. Sie erhielten als Kriegsflüchtlinge Aufenthalt in Deutschland (Ulm). 1996 sind sie nach Bosnien und Herzegowina zurückgekehrt.